Der Deutsch-Amerikaner kombiniert Klassik mit Pop. Am 16. Juli tritt er in Zürich auf. Im Interview erklärt er, wie der «Hummelflug» von Rimski-Korsakow in 65,26 Sekunden zu schaffen war.

David Garrett, wem fühlen Sie sich musikalisch näher, Anne-Sophie Mutter oder Robbie Williams?
David Garrett: Das ist schwierig zu beantworten, ich schätze beide sehr. Ich sehe mich jedoch als klassischen Geiger. Doch wer sein Zuhause nicht verlässt, lernt auch nichts dazu.

Pop und Klassik haben schon andere Violinisten vereint. Haben Sie Nigel Kennedy oder Vanessa-Mae beeinflusst?
Ich orientiere mich nie an anderen Künstlern! Man muss immer seine eigenen Ideen verfolgen und dabei wachsen. Inspiriert hat mich dabei nie die Crossover-, sondern einzig die Coremusik: Klassik, Rock, Rhythm’n’Blues und Jazz.

Wer ist in Ihrer Plattensammlung besonders gut vertreten?
Die Heroes der 60er- und 70er-Jahre – Led Zeppelin, Pink Floyd und Jimi Hendrix – sowie Mozart und Beethoven.

Ihre aktuelle CD heisst «Encore». Was war da schwieriger: AC/DCs «Thunderstruck» klassisch anzuhauchen oder Bachs «Air» rockig einzuspielen?
Beides ist sehr schwer. Es gleicht einem Drahtseilakt. Man muss verantwortungsbewusst und geschmackssicher sein, wenn man sich Bach so nähern will. Bei AC/DC ging es darum, trotz der symphonischen Verpackung den Kern des Rock’n’Roll zu bewahren. Aber da Geschmäcker verschieden sind, konnte ich es sicher nicht allen recht machen.

Wie gross ist Ihr Anteil an diesen Adaptionen?
Hundert Prozent! Ich habe alle Arrangements selbst geschrieben.

Finden Sie es also passend, als «David Beckham der Violine» bezeichnet zu werden?
Naja, eine Gemeinheit ist es zumindest nicht Wenn ich schon mit einem Fussballer verglichen werde, dann mit ihm! Er hat seinem Sport ein neues Publikum erschlossen, darunter viele weibliche Fans. Ich hoffe, dass ein Crossoverprojekt wie «Encore» einen ähnlichen Effekt erzielt.

Steckte bei Ihnen auch sportlicher Ehrgeiz dahinter, als Sie den «Hummelflug» von Rimski-Korsakow in der Weltrekordzeit von 65,26 Sekunden spielten?
Auch, aber die Initialzündung kam nicht von mir. Ich wurde von der BBC gefragt, ob ich in der «Guinness World Records»-Show versuchen wolle, dieses Stück schneller zu spielen als die existierenden Aufnahmen. Ich sagte zu, ohne zu wissen, wie schnell ich es hinkriegen würde. Ich wusste nur, dass ich eine Veranlagung dafür hatte, da ich als Kind oft und mit Begeisterung die «Perpetuum mobile» von Vacek und Paganini geübt hatte.

Mussten Ihre Eltern Sie eher bremsen oder antreiben?
Antreiben ist noch gelinde ausgedrückt. Sieht man genauer hin, wird deutlich, dass hinter jedem sogenannten Wunderkind mindestens ein sehr motivierter Elternteil steht. (Berner Zeitung)