Socken sind eigentlich ein tolles Geschenk
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18.12.2020, 12:34
ESSEN. Stargeiger David Garrett plant für 2022 eine Tour durch große Arenen. Was er bis dahin macht, verrät er bei uns im Interview.
Den Rekord als schnellster Geiger der Welt hielt David Garrett zwei Jahre, bevor schließlich ein noch schnellerer kam. Der Karriere des Aacheners hat das keinen Abbruch getan. Er stürmt mit seinen Crossover-Alben immer noch regelmäßig die Charts. Im Oktober erschien die neue Platte „Alive - My Sountrack“. Die passende Tour kündigte der 40-Jährige für 2022 an. Nicht nur darüber sprach Kirsten Gnoth mit dem Stargeiger, sondern auch über pandemische Zustände beim Videodreh und seine Qualitäten als Weihnachtsgastgeber.
Kürzlich erschien das neue Album „Alive“. Die Produktion fiel voll in die Corona-Zeit. War das eher ein Vor- oder Nachteil?
David Garrett: Beides. Der Vorteil war für mich, dass ich plötzlich viel mehr Zeit hatte. Wir mussten ja leider Coronabedingt, wie alle anderen Künstler auch, unsere geplanten Konzerte absagen und so konnte ich mich im Studio voll auf das neue Album konzentrieren und viel mehr als sonst ausprobieren. Der Nachteil war, dass ich nicht gemeinsam mit meinen Musikern im Studio arbeiten konnte. Das war eine ganz andere und sehr ungewohnte Situation, aber ich hatte dennoch viel Spaß, das Album zu schreiben und zu arrangieren.
Das merkt man an Ihrer Version von „Happy“. Bei der haben Sie musikalisch gesehen fast alles allein gemacht, oder?
Ja, das bin ich ganz allein. Entstanden ist es, weil wir aus der Not eine Tugend gemacht haben. Wir hatten das Album weitestgehend fertig. Alles war eingespielt -- das Orchester hatten wir schon aufgenommen und auch die Band war schon im Studio. Dann waren nur noch Franck und ich im Studio, um die Geigenparts aufzunehmen. Das mache ich immer ganz zum Schluss. Und ich wollte unbedingt noch „Happy“ von Pharrell Williams ausprobieren. Kurzerhand habe ich das mit Bodypercussions alles selbst eingespielt. Wir haben dann 18 oder 19 Spuren übereinandergelegt und das Resultat ist nun auf dem Album.
„Stayin’ Alive ist eine tolle Nummer für die Geige.“
Das wird dann allerdings auf Tour als Live-Version etwas schwierig.
Das nachzustellen, würde etwas zu lang auf Tour dauern. Aber dafür wird sich sicher eine Lösung finden. Einen perfekten Gedanken habe ich allerdings noch nicht, was die Umsetzung angeht.
„Happy“ ist nicht der erste Song auf der Platte, sondern „Stayin’ Alive“ von den Bee Gees. Soll das eine Art Appell an alle sein, die ihren Kopf während der schwierigen Zeit in den Sand stecken wollen?
Ich wünschte, es wäre so weit gedacht -- muss ich fairerweise sagen (lacht). Mit der Intention habe ich das Stück nicht ausgewählt. „Stayin’ Alive“ ist eine tolle Nummer für die Geige. Es passt einfach perfekt zu meinem Instrument. Ich hatte dieses Stück schon seit Jahren im Kopf und habe es auch immer wieder Backstage mit meinem Gitarristen ausprobiert. Das Arrangement war also fast fertig, bevor wir es auf das Album gepackt haben. Ich wollte einfach eine Gute-Laune-Nummer haben. Das ganze Album sollte lebensbejahend sein. Je länger wir im Studio waren und je länger sich die Pandemie hingezogen hat, desto mehr hat sich diese Richtung auch bestätigt. Wir wollen etwas schaffen, das die Leute ablenkt und ihnen wieder viel Lebensfreude gibt.
Das Album ist schon ein bisschen länger in der Mache?
Im Kopf haben wir sicherlich schon ein Jahr daran gearbeitet. Mit den Aufnahmen haben wir im April angefangen -- die eigentlichen Aufnahmen im Studio gehen relativ zügig.
„Ich würde mich nicht als guten Tänzer bezeichnen“
Der Albumtitel hat den Zusatz „My Soundtrack“ im Namen. Sie verbinden also mit jedem der Stücke auch etwas Persönliches. Gibt es eine besonders nette Anekdote?
Vielleicht der Videodreh zu „Happy“ -- das war ein wirklich langer und harter Tag für alle (lacht). Wir haben überlegt, zu welchem Song wir ein Video aufnehmen wollen und auch im Hinblick auf Corona überhaupt können. Zu der Zeit waren gerade die Maßnahmen nochmal verschärft worden. „Happy“ hat sich insoweit aus zwei Gründen besonders angeboten, weil es ein lebensbejahendes, gute Laune Stück ist und ja auch nur eine Person im Song mitspielt -- ich. Das war absolut pandemisch und dadurch konnten wir alle Auflagen beim Dreh erfüllen.
Neben dem durchaus tanzbaren „Happy“ findet sich auch „Hoedown“ auf der Platte. Das schreit geradezu danach, das Tanzbein zu schwingen. Sind Sie selbst ein begeisterter Tänzer?
Ich tanze gerne im Dunkeln bei mir zu Hause (lacht). In den guten alten Zeiten, in denen man noch in einem Nachtclub gehen konnte, war ich nach ein oder zwei Drinks auch schon mal gerne auf der Tanzfläche zu finden. Ich würde mich allerdings nicht als guten Tänzer bezeichnen.
Vielleicht gibt es ja dennoch ein Tänzchen auf der Tour. Die haben Sie ja bewusst auf 2022 gelegt. Sehen Sie etwa auch für 2021 schwarz, was Kultur & Co. angeht?
Nein, nicht zwingend. Da wir aber mit meinem neuen Crossover-Album „Alive“ wieder die großen Arenen bespielen möchten, haben wir uns wegen den Kapazitäten dieser Hallen für den Januar 2022 entschieden. Wenn es eine Klassik-Tour gewesen wäre, mit deutlich kleineren Kapazitäten, hätten wir sie wahrscheinlich auf Ende nächsten Jahres gelegt. Ich denke, dass die Philharmonien spätestens dann wieder bespielt werden können. Anfang 2022 sind wir mit Sicherheit an dem Punkt, dass Corona vielleicht zwar immer noch da ist, aber wir gelernt haben, damit umzugehen und es präventiv bekämpfen können.
Sie versprechen auch in diesen großen Arenen eine intime Atmosphäre. Wie kriegt man das hin?
Gerade in der Zeit jetzt fand ich den Gedanken „back to Basics“ besonders interessant. Ich habe zu Hause viel Kammermusik gemacht und da hatte ich die Idee, ein Wohnzimmerkonzert in der Arena zu veranstalten ...das klingt für mich sehr spannend. Wie wir das genau umsetzen, müssen wir uns noch überlegen. Allerdings ist dafür auch noch etwas Zeit -- und die werden wir auch noch brauchen.
Viele Künstler schwenken jetzt auch auf Live-Streams um. Wäre das für Sie eine Option?
Ich kann nachvollziehen, dass viele Künstler Live-Streams machen. Ich habe vorher auch schon das eine oder andere Mal solche Live-Streams gemacht. Für mich persönlich lässt sich die Konzert-Atmosphäre mit einem Live-Stream aber nicht wirklich transportieren: Die Menschen gehen zu Konzerten, haben ein Kribbeln im Bauch, sind mit dem Künstler in einem Raum und spüren diese ganz besondere Atmosphäre. Das geht nicht nur dem Publikum so, sondern auch mir als Künstler. Es liegt ein besonderes Knistern in der Luft und das lässt sich nicht am Computer erreichen.
Bis 2022 ist ja noch etwas hin. Was machen Sie in der Zwischenzeit, außer die Tour zu planen?
Als nächstes Projekt werden wir ein neues Klassik-Album einspielen. Das wird mit Sicherheit sehr viel Zeit in Anspruch nehmen, weil ich die Stücke auch selbst arrangieren möchte. Ansonsten gibt es noch diverse andere Projekte, an denen wir arbeiten, wie zum Beispiel unseren neuen Notenband. Außerdem liebe ich Architektur -- ich kann also gut mit dem Fahrrad rumfahren, Berlin erkunden und mir schöne Häuser und Stadtteile ansehen. Von daher ist die Zeit momentan nicht langweilig für mich. Am meisten fehlen mir meine sozialen Kontakte.
Außerdem erschien gerade die gemeinsame Single „Alle Tage ist kein Sonntag“ zusammen mit Rammstein-Frontmann Till Lindemann. Wie kam es zu der Zusammenarbeit mit ihm?
Till und ich sind seit Jahren gute Freunde und haben einen sehr ähnlichen Musikgeschmack. Von daher war es irgendwie schon fast naheliegend, dass wir mal etwas gemeinsam machen.
Wieso haben Sie sich gerade für den Schlager entschieden?
Wir sind beide große Fans von Richard Tauber und von daher war es für uns natürlich ein besonders spannendes Projekt, gemeinsam ein Stück von ihm neu zu interpretieren.
„Beim Thema Weihnachtsgans agiert meine Mutter sehr autoritär“
Bei vielen Menschen gehen die Weihnachtsvorbereitungen in die heiße Phase. Wie verbringen Sie die Festtage?
Ich verbringe die Festtage auf jeden Fall coronakonform und werde nur zusammen mit meiner Familie feiern, wenn das überhaupt möglich ist. So lade ich nur die Menschen ein, die ich auch wirklich gerne einladen möchte. Und bei denen, die ich nicht einladen möchte, habe ich die beste Ausrede meines Lebens (lacht).
Das heißt, Sie sind auch der Weihnachtsgastgeber?
Ja, ich bin gern Gastgeber und deshalb würde ich Weihnachten -- wie die letzten Jahre auch -- bei mir in Berlin feiern.
Dann stellen Sie sich an den Herd?
Nicht wirklich. Ich möchte doch nicht, dass meine Gäste hungrig nach Hause gehen (lacht). Ich koche gerne mal für mich und meine Freundin. Aber das Weihnachtsessen ist zu wichtig, als dass ich mich in die Küche stellen würde.
Das heißt, da springt Ihre Mutter ein?
Ja, meine Mutter wird es wie jedes Jahr machen. Ich helfe dann beim Rotkohl und rühre ihn ab und zu um. Ich würde natürlich auch mehr machen, aber meine Mutter ist (wenn es um das Vorbereiten der Weihnachtsgans geht) sehr autoritär.
Gibt es denn noch etwas, was man Ihnen schenken könnte?
Ich wünsche mir nichts Materielles. Ich freue mich, einfach meine Familie um mich zu haben. Wenn jemand mir unbedingt was schenken möchte, dann Socken. Davon kann man eigentlich nie genug haben. Socken sind eigentlich ein tolles Geschenk, weil sie so praktisch sind.
Was darf denn abgesehen von gutem Essen und guter Gesellschaft auf keinen Fall fehlen?
Gute Laune. Für mich gibt es nichts Schlimmeres, als wenn der Haussegen zu Weihnachten schief hängt -- das kenne ich noch ein Stück weit aus meiner Kindheit.
„Alive“-Tour, 8.1.22 Köln, Lanxess Arena. Karten ab ca. 54 €, u.a. hier.