David Garrett: „Ich habe, Gott sei Dank, Musik liebende Nachbarn“
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David Garrett (40) ist gut drauf und lässt sich in das Sofa in der Lounge seiner Plattenfirma Universal fallen. Interview-Zeit zu seinem neuen Album mit Musik, die sein Leben geprägt hat.
Es war Zeit für einen Rückblick. Denn das ehemaliger Wunderkind ist nun auch schon 40 Jahre alt.
B.Z.: Ihre CD heißt „Alive – My Soundtrack“. Ihr Leben als Film. Welches Genre wäre es?
David Garrett: Ich hoffe, eine romantische Komödie.Wer sollte Sie nicht spielen?
Das ist aber eine gemeine Frage! Ich möchte lieber sagen, wer mich spielen soll. Ich mag zum Beispiel Tom Hanks sehr gerne.
Aber zwischen Ihnen liegen schon einige Jahre Altersunterschied.
Das ist egal. Er hat viele schöne und sehr niveauvolle Filme gemacht.
Ihr „Soundtrack“ ist eine äußerst wilde Mischung. Sie reicht von den Bee Gees über Pharell Williams bis zu Metallica. Wie kam es dazu?
Ich bin Metallica Fan und „Enter Sandman“ ist ein ikonisches Werk. Es war eine der Nummern, die ich zuerst eingespielt habe. Eigentlich wollte ich das Album noch ein bisschen rockiger gestalten, aber dann hat es sich so entwickelt wie es jetzt ist.
Ungewöhnlich: Sie haben auch die Melodie des Computerspiels „Tetris“ dabei.
Ich beschränke Soundtrack nicht nur auf Filmmusik. Eher auf alles, was mich geprägt hat. Diese Melodie basiert übrigens auf einem russischen Volkslied. Ich erinnere mich noch, dass ich als Kind einen Game Boy geschenkt bekommen habe, als ich in Japan auf Tour war. Anschließend habe ich ein bisschen mehr mit dem Ding gespielt als auf der Geige geübt. Mein Papa hat das bemerkt und eines Tages war das Gerät verschwunden. Ich trauere dem noch immer ein bisschen nach, das habe ich bei den Aufnahmen gemerkt.
Tägliches Üben mit Lust und Leidenschaft
Und als Therapie haben Sie heute alle Spielkonsolen zu Hause stehen?Ich habe danach nie mehr eine große Affinität zu Computerspielen entwickelt, was ich aber auch ganz gut finde. Jeder soll machen, was er will, aber ich habe lieber Erlebnisse in der Natur oder mit anderen Menschen. Leuten. Man verbringt ja so schon genug Zeit vor dem Handy und dem Ipad, wenn jetzt noch Computerspiele dazu kommen würden, hätte ich ja kaum noch Zeit Geige zu spielen.
Üben Sie täglich?
Ich spiele ja grundsätzlich gerne Geige. Ob das Tonleitern sind, die morgens einfach sein müssen, oder eine Beethovensonate – das mache ich jeden Tag mit Lust und Leidenschaft. Ich liebe dieses Instrument einfach. Wenn ich mal 1 oder 2 Tage nicht so intensiv geübt habe, merke ich das, bilde ich mir zumindest ein. Vielleicht ist das dann aber auch nur mein schlechtes Gewissen.
Und was sagen Ihre Nachbarn dazu?
Ich habe, Gott sei Dank, sehr nette, Musik liebende Nachbarn, die sich auch freuen, wenn ich mal bei offenem Fenster spiele. Das ist nicht die Norm, das weiß ich. Aber ich bin auch rücksichtsvoll und übe zum Beispiel nicht etwa um Mitternacht.
Viel Zeit im Studio dank Corona
Wie haben Sie Corona verbracht?Ich habe vielleicht sogar Glück gehabt, dass ich das Album ab Februar einspielen wollte und das auch tun konnte. Zwar war es leider nicht möglich meine Bandmitglieder aus den USA nicht einzufliegen wie sonst, aber ich habe sehr guten „Ersatz“ gefunden. Die meisten Zeit habe ich aber sowieso nur mit meinem musikalischen Leiter Franck van der Heiden als Duo gearbeitet. Es war ein ganz anderes arbeiten. Viel spontaner. Ein bisschen so wie früher. Nicht so hektisch, wie leider oft in den letzten Jahren. Im Juli haben wir das letzte Stück eingespielt.
Corona ist noch nicht vorbei. Wie und wann geht es für Sie weiter?
Wir haben erstmal alle Konzerte bis Ende 2020, um ein Jahr, in 2021 verschoben. Zum Beispiel wäre es nicht möglich gewesen nach Lateinamerika zu fliegen, dort alle zwei Tage in einem anderen Land zu spielen, mit einem Team von 20 Leuten zu reisen und das dann auch noch bei den sich ständig ändernden internationalen Quarantänereglungen, das geht einfach nicht. Aber ich hoffe, dass sich die Situation bald entspannt und dass ich wieder live spielen kann.
Vermissen Sie das Unterwegssein?
Ich hätte nicht gedacht, dass sich die Corona bedingten Einschränkungen solange hinziehen Ich merke, dass mir das Reisen jetzt so langsam fehlt und ich bereue es, dass ich in der Vergangenheit vielleicht doch ein bisschen zu viel im Hotelzimmer gesessen habe, anstatt etwas vor Ort zu unternehmen.
Bin großer Fan emotionaler Filme
Und wie sieht’s mit finanziellen Einbußen aus? Mussten Sie Ihre Stradivari beleihen?Ich habe mir in meinem Leben ein gutes Polster aufbauen können und mir auch keine Luxusgegenstände gekauft, die unsinnig sind. Insofern ist soweit alles ok, ich mache mir eher Sorgen um die Menschen, mit denen ich zusammen arbeite. Es gibt ganz viele Leute die in der Veranstaltungsbranche arbeiten und gerade eine sehr schwierigere und eine Existenz bedrohende Situationen durchleben.
Warum haben Sie mit „Die Schöne und das Biest“, „König der Löwen“ und „Die Eiskönigin“ Musik aus gleich drei Disney-Filmen auf der CD?
Ich bin großer Disney-Fan und verbinde damit sehr viele positive Erinnerungen.
Aber doch wohl keine Kindheitserinnerungen. Dafür sind die Filme zu neu.
Das stimmt. In meiner Kindheit bin leider nicht so oft ins Kino gegangen Zum Beispiel „Die Eiskönigin“ habe ich als Erwachsener mehrfach gesehen. Ich bin ein großer Fan von emotionalen Filmen.
Heulen Sie hemmungslos im Kino?
Kommt ein bisschen darauf an, wer neben mir sitzt. Ich war mal mit Jörg, meinem Manager, in „Avatar“, in dem es durchaus sehr traurige Szenen gibt und natürlich typisch Jungs wollte keiner von uns beiden zeigen wie Nahe uns das ging. Ein unangenehmer Moment. Da gucke ich dann doch lieber allein.