Ulm
Wenn Garrett seinen Fans Brahms erklärt
Er ist der Pop-Star unter den Geigern und füllt die Arenen, aber auf seiner aktuellen Tour bietet David Garrett einfach nur Kammermusik: die drei Brahms-Sonaten für Violine und Klavier.
15.05.2015
Foto: Volkmar Könneke
Kammermusik, seriös: David Garrett und Julien Quentin.
Vielleicht will der 34-Jährige seinen Kritikern beweisen, dass er auf seiner Stradivari seriös spielen kann - er kann es. Aber es ist eine großartige Sache, wie Garrett seine Fans mitnimmt ins unbekannte Klangreich der Klassik. Mancher Zuhörer spürte wohl, dass Musik auch ohne Effekthascherei verzaubern kann . . . Im Ulmer Congress Centrum lautete die Frage an die 1200 Zuhörern ja nicht: "Lieben Sie Brahms?". Sondern eher: "Kennen Sie Brahms?" Garrett klärte auf, sein ausgezeichneter Klavierpartner Julien Quentin spielte kurz den Ungarischen Tanz Nr. 5 und das Wiegenlied "Guten Abend, gut' Nacht" an. Okay, das ist Brahms.
Dann aber die Violinsonaten - Satz für Satz beklatscht. Nein, es geht nicht um Klassik-Etikette, aber eine Brahms-Sonate, ob drei- oder viersätzig, ist ein Ganzes an Gefühlswechseln. Garrett spielte das Programm nicht chronologisch: Er begann mit der "Gute-Laune-Sonate", also der 1886 am Thuner See komponierten Nr. 2, dann folgte die dramatisch-virtuose Nr. 3. Und nach der Pause die Nr. 1 in G-Dur - "die intimste Sonate, man spielt sie eigentlich für sich allein. Ich wünsche euch trotzdem viel Spaß!"
Den hatten die Zuhörer. Tatsächlich suchte der technisch unumstrittene Garrett auch an diesem Abend das große Schöne, Gefühlige: kein weichgespülter, aber doch ein weicher, eher heimeliger Geigenton. Beeindruckend, diese romantische Lockerheit. Das leidenschaftsvolle, kompromisslos Herbe, das Johannes Brahms auch auszeichnet, ist Garretts Sache nicht - wäre das möglicherweise eine zu starke Anfangsdosis für neue Brahms-Fans gewesen? Großer Jubel schließlich auch für das reißerische Scherzo aus der F.A.E.-Sonate. Unter den Zugaben: ein rasant-zirkushafter Ungarischer Tanz als Dankeschön nach dem Kammermusik-Ausflug.
http://www.swp.de/ulm/nachrichten/kultu … 08,3217453
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