Wie wirkt ein Genie?
David Garrett hat nicht nur einen Paganini-Film gedreht, sondern zeigt auch die Wirkungsgeschichte des Teufelsgeigers.
Herr Garrett, letztes Jahr sind Sie für den Film „The Devil’s Violinist“ in die Rolle des Teufelsgeigers Niccolò Paganini geschlüpft — im Kino ebenso wie für Ihr Album „Garrett vs. Paganini“, das nun mit dem ECHO Klassik ausgezeichnet wird. In welchem Zusammenhang stehen die beiden Teile Ihres Projekts?
Wenn ich etwas tue, dann mache ich das mit voller Kraft. Dabei vertraue ich meinem Bauch und meinem Mut. Paganini ist natürlich für alle Geiger eine echte Herausforderung. Auch mir war sofort klar, dass ein Projekt wie dieses mit Film und Konzeptalbum hundertprozentigen Einsatz von mir verlangt. Begonnen hat alles mit der Idee, einen Soundtrack zu machen. Der Film enthält mehr als 20 Minuten reine Musik — unter anderem Paganinis berühmte vierundzwanzigste Caprice und viele andere Stücke von ihm.
[i]Einige davon haben Sie persönlich bearbeitet, richtig?[/i]
Wir sind so vorgegangen, dass wir Paganinis Geigenparts original belassen und nur der Orchestrierung ein zeitgemäßes Gewand gegeben haben. Dabei haben wir uns eine Freiheit genommen, die bei Paganini bereits angelegt ist: Auch er hatte jemanden, der ihm den Orchesterteil auskomponiert hat. Also konnten wir an dieser Stelle ansetzen. Ich glaube, dass unsere Bearbeitung jetzt mehr Details und Nuancen der Orchesterstimmen hörbar macht.
Worum ging es Ihnen konkret? Um einen neuen Blick auf den Menschen Paganini?
Auch, aber die Idee des Albums und des Filmes basiert natürlich ebenso auf der Musik. Es war mir wichtig, über die Person hinauszugehen. Ich wollte genauso die Entwicklung der Geige und der Geigenkunst vor und nach Paganini zeigen. Deshalb haben wir zusätzlich Werke von Komponisten aufgenommen, die Paganini inspiriert haben — etwa von Scarlatti. Und wir haben Musik von Künstlern integriert, die sich ihrerseits wieder von Paganini inspirieren ließen: Tschaikowsky oder Rachmaninow. Die Aspekte vor und nach Paganini waren für mich besonders wichtig, um diese wegweisende Figur für alle Geiger verständlich zu machen.
Auf dem Album sind nicht nur Sie zu hören, sondern auch einige Sänger …
Ja, wir hatten viel Spaß im Studio in der Abbey Road. Ein besonderes Abenteuer war die Aufnahme mit Nicole Scherzinger, die ein Stück singt, das ich selber arrangiert habe. Die Grundlage bildet der zweite Satz des vierten Violinkonzertes von Paganini. Dabei war es mir besonders wichtig, die Stimme in Einklang mit der Geige zu bringen — denn das ist ja das Ziel aller Musik: sie soll gesungen werden. Tatsächlich hat dieses Stück aber auch eine dramaturgische Rolle. Im Film verliebt sich Paganini und schreibt eine Arie, es geht also darum, die ursprüngliche Idee seiner Musik zu zeigen. Wir haben dazu ein Goethe-Gedicht auf italienisch als Text gewählt.
Und dann haben Sie noch eine Arie für Andrea Boccelli komponiert …
Paganini war auch deshalb so erfolgreich, weil er viele bleibende Melodien geschrieben hat, großartige Themen. Diesen Faden wollte ich aufgreifen. Für mich war es ein besonderes Privileg, diese Idee gemeinsam mit dem Tenor Andrea Bocelli nachzuahmen. Dass er diese Arie singt, ist für mich eine wirklich große Ehre.
Text: Axel Brüggemann // Foto: Christopher Dunlop, Decca
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